Eine der legendärsten und mythischsten Figuren der ungarischen Folklore ist Viktória Fődi alias Pipás Pista, was soviel wie „Steve mit der Pfeife“ bedeutet. Ihr Leben ist geprägt von Gegensätzen, Skandalen und nicht zuletzt von ihrer ungewöhnlichen Geschichte als Frau, die als Mann lebte und sich als Auftragskillerin einen Namen machte. Fődi Viktória wurde am 23. Februar 1882 in einer armen Familie in Átokháza geboren. Ihre Eltern, der Landwirt Lukács Fődi und Mária Tombácz, lebten in schwierigen Verhältnissen. Schläge von ihrem alkoholkranken und gewalttätigen Vater gehörten zum Alltag von Viktória. Trotz der Widrigkeiten, die sie erlebte, hatte ihre Kindheit einen prägenden Einfluss auf ihr späteres Leben. Mit nur 13 Jahren wurde sie aufgrund der Schulden ihrer Familie als Dienstmädchen an einen Bauern namens Sulák Mórich in Turócszentmárton verkauft. Hier begann sie, das Rauchen von Pfeifen zu genießen, was ein Markenzeichen ihres späteren Lebens werden sollte und zu ihrem Spitznamen Pipás Pista führte. Die Bedingungen, unter denen sie lebte und arbeitete, waren alles andere als fair. Berichten zufolge wurde sie vom Landwirt Sulák Mórich sexuell missbraucht und möglicherweise wurde sie von ihm schwanger. Sulák stellte Viktória schließlich dem wohlhabenden 27 Jahre alten Bauern Pál Rieger vor, den sie 1902 heiratete. Das Leben mit Rieger war geprägt von Gewalt und Missbrauch, und ihre Ehe wurde 1910 geschieden. Nach der Scheidung lebte Viktória alleine auf einem geerbten Bauernhof. Seitdem verkleidete sie sich als Mann, um besser Arbeit zu finden. Ihre beeindruckende körperliche Stärke und ihre Fähigkeit, schwere Arbeiten verrichten zu können, machten sie in der Gegend bekannt. Man sagte, sie könne ein Mann mit einer Hand zu Boden werfen. Diese Stärke brachte ihr Respekt, aber auch Angst ein. Viele Bauern engagierten sie als Tagelöhner, da sie doppelt so viel arbeiten konnte wie andere. 1916 lernte sie István Börcsök kennen. Dieser wurde ihr regelmäßiger Saufkumpan. Beide waren Stammgast im örtlichen Gasthaus „Dog Scraper“, wo Viktória sich regelmäßig mit anderen Männer prügelte. Als István ihr 1919 anbot bei ihm auf dem Hof als Landarbeiter zu arbeiten, willigte Viktória ein. Doch schon bald erkannte sie, dass István im Suff seine Ehefrau schlug und diese mit einer Pistole bedrohte. Viktória schmiedete einen Plan, um István zu beseitigen. Diesen offenbarte sie Istváns Ehefrau, die dem Mordkomplott zustimmte. Gemeinsam mit Istváns Sohn Imre und dem Arbeiter János Vecsernyes erschreckten sie die Pferde im Stall. Durch den Lärm wurde István wach, der gemeinsam mit seiner Ehefrau im Stall nach dem Rechten sehen wollte. Dann schnappte die Falle zu. Viktória erwürgte mit einem Seil von hinten den ahnungslosen István, dessen Leichnam an einem Dachsparren mit umgekippten Stuhl daneben platziert wurde. Dadurch wurde der Mord als Suizid getarnt. Nachdem Mord feierten alle erstmal. Schnell sprach sich der Selbstmord herum und schon bald häuften sich die Fälle männlichen Selbstmorden. Die Tisza-Region war nun nicht mehr nur berühmt für ihre atemberaubenden Landschaften, sondern auch für eine Reihe mysteriöser Selbstmorde, die nach dem Tod von Ehemännern in Erscheinung traten. Verzweifelte Witwen schienen sich über Nacht in freie Frauen zu verwandeln, während die Polizei die Vorfälle meist als Selbstmorde abtat. Das Muster war immer gleich. Ein Mann wurde aufgefordert, im Stall zu erscheinen, wo er auf eine kühne Inszenierung stieß. Ihm wurde eine Schlinge um den Hals gelegt, um ihn zu erwürgen. Danach wurde der Leichnam aufgehängt und ein umgekippter Stuhl daneben gestellt, so dass alles nach Selbstmord aussah. Viktórias Methoden waren nicht nur brutal, sondern auch äußerst raffiniert. Die Ehefrauen der Ehemänner wurden genötigt, ihre Ehemänner ins Freie zu locken, um dann den Mord durchzuführen. Die Polizei war ahnungslos und glaubte, diese Ehemänner hätten aus Verzweiflung über ihre missratene Ehe Selbstmord begangen. Keiner konnte ahnen, dass der ruhige, rauchende Cowboy Pipás Pista eigentlich eine Frau war, die sich perfekt als Mann verkleidete hatte. Eines Tages im Jahr 1922 wurde Viktória von einer Frau angesprochen, die darum bat, ihren Ehemann Antal Dobák zu töten, um ihn aus ihrem Leben zu entfernen. Dieser Auftrag markiert den Wendepunkt in ihrem Leben. Viktória nahm den Auftragsmord an und auch diesmal ging alles glatt. Bis 1932 gab es über 30 Fälle von männlichen Selbstmorden in der Region. Doch die Polizei ging diesen nicht weiter nach. Erst als die Polizei am 7. Juni 1932 wegen eines Streits von zwei Liebenden gerufen wurde, kam die Sache ins Rollen. Denn als die Polizei die Frau nach Hause begleitete, erzählte diese, dass der Selbstmord von Antal Dobák nur inszeniert gewesen war, was ihr ihr Liebhaber erzählt hatte. Nach dieser Aussage kamen die Puzzlestücke zusammen, und die Polizei begann, die mysteriösen Selbstmorde neu zu betrachten. Als die Behörden schließlich Pipás Pista festnahmen, geschah etwas Unerwartetes. Denn diese weigerte sich beharrlich zu baden, der Grund wurde schnell klar, denn Pipás Pista entpuppte sich eine Frau. Als die weibliche Identität von Viktória Fődi enthüllt war, gab es eine neue Sichtweise auf die als Selbstmord getarnten Morde. Diese waren nicht von einem harten habgierigen Cowboy verübt worden, die Polizei hatte es stattdessen mit einer Feministin zu tun, die bereit war, alles zu tun, um andere Frauen von ihren maroden Ehen zu befreien. Im Jahr 1933 wurde Pipás Pista wegen Mordes schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Doch ihre Todesstrafe wurde vom ungarischen Regenten Miklós Horthy in lebeslange Haft umgewandelt. Dies geschah, da Pipás im Gefängnis eine Ausbildung als Krankenpfleger absolviert hatte und zum Katholizismus konvertiert war. Sie bereute ihre Taten zutiefst, weshalb sie begnadigt wurde. Pipás Pista starb am 10. Oktober 1940 im Csillay-Gefängnis an Lungenemphysem. Ihr Fall ist nicht nur ein Beispiel für ein kriminelles Genie, sondern auch ein faszinierendes Porträt einer Frau, die sich gegen die gesellschaftlichen Normen ihrer Zeit auflehnte. Bis heute fasziniert Viktória Fődi alias Pipás Pista die Menschen. Zahlreiche Bücher und Dokumentarfilme widmen sich ihrem Leben. Auch Theaterstücke und Rocklieder wurden produziert, und eine Ausstellung zeigt künstlerische Interpretationen ihrer Figur in der Geschichtsschreibung. Diese Renaissance des Interesses lässt sich durch die Komplexität von Viktorias Charakter erklären. Sie wurde sowohl als Mörderin als auch als Symbol für Frauen angesehen, die gegen patriarchale Strukturen kämpfen. Die Ungerechtigkeit, die sie in ihrer ersten Ehe erlitten hatte, wird oft als Katalysator für ihre spätere Entfaltung gesehen. Die unglücklichen Bräute, die sie unterstützte, spiegelten einen Teil von ihr wider, und Viktoria verwandelte ihren Hass auf Männer in eine groteske Form der Befreiung. Ihre Taten mögen aus moralischer Sicht verwerflich sein, doch sie regen zum Nachdenken über Geschlechterrollen und die Dynamik in Ehen an. Die Geschichte von ihr, bleibt ein eindringliches Beispiel für die Abgründe der menschlichen Psyche. Sie kombiniert Elemente von Tragödie, Verbrechen und Feminismus und zieht damit die Aufmerksamkeit sowohl von Historikern als auch von Kriminalpsychologen auf sich. Ihre Methoden und die Art, wie sie ihre Opfer wählte und täuschte, sind kaum zu fassen. Doch in einer Zeit, in der Frauen oft als Eigentum betrachtet wurden, stellte Viktória eine Aufforderung an die Gesellschaft dar, die Grenzen des Geschlechts und der Gewalt zu überdenken. Obwohl sie letztendlich für ihre Taten bestraft wurde, lebt Viktorias Erbe weiter. Als Symbol für die Dunkelheit, die in jedem von uns schlummert, und als Mahnung, dass jeder Kampf für Freiheit auch die Schattenseiten von Leidenschaft und Verzweiflung umfasst. Ihre Legende lebt weiter, und sie bleibt ein Symbol für den Kampf gegen Unterdrückung und für die Suche nach Identität in einer Welt, die oft kein Verständnis für diejenigen hat, die anders sind. Pipás Pista Leben ist ein bemerkenswerter Teil der ungarischen Kulturgeschichte, der weiterhin faszinierend und ansprechend bleibt sowohl als Erzählung als auch als Mythos.

Von Isabella Mueller

Mein Name ist Isabella Mueller, und ich lade euch ein, die kreativen Universen zu erkunden, die ich durch meine Blogs erschaffe. Seit 2020 widme ich meine Leidenschaft dem Erzählen fesselnder Geschichten, die mysteriös, historisch und emotional sind. Es ist mein Ziel, nicht nur zu unterhalten, sondern auch zum Nachdenken anzuregen und den Entdeckergeist in jedem von uns zu wecken. Auf isabellas.blog kombiniert sich die Spannung von Kriminalgeschichten mit aufregenden Reisetipps. Stellt euch vor, ihr wandert durch malerische Straßen einer neuen Stadt und ergründet dabei dunkle Geheimnisse, die in den Schatten ihrer Geschichte verborgen liegen. Jedes Stück auf meinem Blog ist so konzipiert, dass es das Herz eines jeden Krimi-Fans höherschlagen lässt und gleichzeitig die Neugier auf unbekannte Orte weckt. Hier seid ihr eingeladen, den Nervenkitzel des Unbekannten und die Schönheit unserer Welt zu erleben – eine perfekte Kombination für alle Abenteuerlustigen! In meinem zweiten Blog, akteq.com, dreht sich alles um wahre, ungelöste Kriminalgeschichten. Unter dem Motto „akteQ: Cold Case Stories“ enthülle ich die unheimlichen und oft tragischen Geschichten hinter ungelösten Fällen. Gemeinsam können wir die Rätsel der Vergangenheit erforschen und tief in die menschliche Psyche eintauchen. Was geschah wirklich? Wer waren die Menschen hinter diesen mysteriösen Ereignissen? In diesem Blog lade ich euch ein, Fragen zu stellen und die Antworten zu finden, die oft im Dunkeln liegen. Ein weiteres spannendes Kapitel meiner Bloggerlaufbahn findet ihr auf thecastles.org. Hier beginne ich eine zauberhafte Reise durch die Geschichte der Burgen und Schlösser. Haltet inne, während ihr die Geschichten entdeckt, die in den Mauern dieser alten Gemäuer verborgen sind. „Explore the enchantment, discover the history – your journey begins at thecastles.org!“ Diese Worte sind mehr als nur ein Slogan; sie sind eine Einladung an alle, die Geschichte und Magie miteinander verbinden möchten. Lasst euch von den beeindruckenden Erzählungen und der Faszination vergangener Epochen inspirieren! Aber das ist noch lange nicht alles! Auf kripo.org erwartet euch ein umfassendes Onlinemagazin für echte Kriminalfälle. Taucht ein in die Welt des Verbrechens, erfahrt von den realen Geschichten hinter den Schlagzeilen und den Menschen, die sich mit der Aufklärung beschäftigen. Mit criminal.energy entführe ich euch in die packenden Erzählungen wahrer Verbrechen, in denen Bösewichte gejagt, gefasst und verurteilt werden. Die Suche nach Gerechtigkeit und die Konfrontation mit dem Unbekannten stehen im Mittelpunkt. Und für all jene, die die Welt bereisen wollen, bietet wanderlust.plus die Möglichkeit, die Welt, ein Abenteuer nach dem anderen, zu erkunden. Hier geht es um die Liebe zur Erkundung und die Freude, neue Kulturen und Landschaften zu entdecken. Lasst uns gemeinsam die Geschichten entdecken, die die Welt um uns herum prägen. Ich freue mich darauf, euch auf dieser aufregenden Reise zu begleiten und hoffe, dass ihr viele unvergessliche Momente mit mir teilen werdet!

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