Das Säureattentat

Vor über 100 Jahren wurde die Donaumetropole Wien Schauplatz eines heimtückischen Säureattentats, das sich im europäischen Hochadel abspielte. Das Opfer des Säureanschlags war kein Geringerer als Prinz Leopold von Sachsen-Coburg und Gotha, Rittmeister bei der kaiserlich und königlichen Armee in Wien. Prinz Leopold war ein begehrter Mann, der aus den besten Kreisen der europäischen Aristokratie stammte. Am 9. Juli 1878 hatte dieser in Szent-Antal in Ungarn das Licht der Welt als Sohn von Prinz Philipp von Sachsen-Coburg und Gotha und Prinzessin Louise aus der belgischen Königsfamilie erblickt. Da er der einzige Sohn war, sollte er einmal den riesigen ungarischen Koháry-Besitz erben, der den drittgrößten Besitz der Monarchie bildete. Dadurch wäre Prinz Leopold zum wichtigsten Magnaten in Ungarn geworden. Doch alles kam durch eine schicksalhafte Begegnung mit der Wiener Schauspielerin Kamilla Rybiczka, die der Prinz 1913 auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung kennen lernte, ganz anders. Die Tochter des Wiener Polizeihofrats hatte den Prinzen sofort verzaubert. Es folgte eine leidenschaftliche Beziehung, für diese Kamilla ihr Elternhaus verließ, um fortan im ersten Stock im Haus Nr. 13 in der Marokkanergasse im 3. Wiener Gemeindebezirk Landstraße zu leben. Diese Wohnung wurde das Liebesnest des ungleichen Paares, das seit ihrem ersten Aufeinandertreffen durch die österreichisch-ungarische Monarchie reiste. Prinz Leopold erfüllte seiner Kamilla jeden Wunsch, der ihr Leben nun komplett finanzierte. Aber Kamilla reichte es nicht, nur die Geliebte des Prinzen zu sein. Sie wollte trotz, dass sie eine Bürgerliche war, den Prinzen heiraten. Dies war natürlich zur damaligen Zeit ein unmögliches Anliegen. Jedoch war der Prinz Leopold so verliebt, dass er in einem Brief vom 1. Juli 1914 aus Paris Kamilla versprach, sie innerhalb der nächsten 6 Monate zu seiner Frau zu nehmen. Dafür bat Prinz Leopold seinen Vater um 2 Millionen Kronen. Diese Summe musste er als Offizier für eine Heiratskaution stellen, bevor er von der vorgesetzten Dienststelle eine Heiratsgenehmigung erteilt bekam. Das Geld diente als Sicherheit für die Hinterbliebenen, falls der Offizier im Kampf ums Leben kam. Anno 1915 wurde Prinz Leopold an die Front berufen. Noch bevor dieser seinen Dienst antrat, bestand Kamilla darauf, dass er mit ihr den versprochenen Bund fürs Leben eingehe. Aber Kamilla hatte die Rechnung ohne das Haus Sachsen-Coburg und Gotha gemacht, die strikt gegen eine Heirat des Prinzen mit einer nicht Adeligen war. Kamilla war einfach nicht standesgerecht und sollte gegen die Zahlung von über 4 Millionen Kronen aus dem Leben des Prinzen verschwinden. Als Kamilla vom Geldgeschenk erfuhr, brach für sie eine Welt zusammen. Noch nie in ihrem Leben war sie so gedemütigt worden. Am 17. Oktober 1915 besuchte Prinz Leopold seine Kamilla in der Wohnung in der Marokkanergasse 13, um ihr den Scheck zu übergeben. Was dann geschah, hätte glatt aus einer Seifenoper stammen können. Statt den Scheck anzunehmen, zückte Kamilla eine Waffe, mit der sie 5mal auf den Prinzen schoss, ehe sie ihm Säure in sein schönes Gesicht kippte. Danach schoss sich Kamilla mit ihrer sechsten und letzten Kugel ins Herz. Anwohner hatten mittlerweile durch das Geschrei und die Schüsse die Polizei verständigt. Diese fand Kamilla tot in einer Blutlache am Boden liegend vor. Doch wie durch ein Wunder lebte der Prinz noch, der aber fortan blind war. Dies sollte eine Augenoperation ein halbes Jahr später am 27. April 1916 ändern, bei der Prinz Leopold jedoch verstarb. So erbte sein Cousin August Leopold den so unermesslich großen Koháry-Besitz in Ungarn. Prinz Leopold wurde unterdessen in der Koháry-Gruft in St. Augustin in Coburg beigesetzt.